Mindestanzahl von Geschäftsleitern: Was auf kleine Wertpapierinstitute zukommen könnte

Aufsichtsbehörde BaFin plant Neuregelung

Frankfurt am Main, 22. Januar 2024 – Kleine Wertpapierinstitute mit nur einem Geschäftsleiter müssen zukünftig unter gewissen Umständen einen zweiten bestellen. Das sieht ein Merkblatt vor, das die BaFin derzeit konsultiert. Der Verband unabhängiger Vermögensverwalter (VuV) hat den entsprechenden Entwurf in einer ersten Stellungnahme an seine Mitglieder bereits kritisiert.

Hintergrund ist möglicherweise ein Drängen von europäischer Seite: Die europäische MIFID II Richtlinie sieht nämlich vor, dass Wertpapierinstitute grundsätzlich mindestens zwei Geschäftsleiter haben müssen. Demgegenüber genügt nach dem deutschen Wertpapierinstitutsgesetz – bis auf wenige Ausnahmefälle – ein einziger Geschäftsleiter.

Die BaFin beabsichtigt nun, einheitliche Regeln festzulegen, wann mindestens zwei Geschäftsleiter zwingend erforderlich sind. Die angedachten Regeln basieren auf der Einschätzung der Risikosituation des Unternehmens. So sollen Risiken bereits dadurch reduziert werden, dass bei zwei Geschäftsleitern Funktionstrennungen und gegenseitige Kontrollen stattfinden.

Der Entwurf der BaFin macht die Beurteilung der Risikosituation dabei von der Reichweite des Instituts und der Komplexität des Geschäftsmodells abhängig. Die Behörde unterscheidet dabei nach großen, mittleren und kleinen Wertpapierinstituten. So werden bei großen und mittleren Instituten stets eine umfassende Reichweite und Komplexität angenommen. Hier sind somit mindestens zwei Geschäftsleiter erforderlich.

 

Strukturierte Wertpapiere sollen zweiten Geschäftsleiter erfordern

Bei kleinen Wertpapierinstituten wird dem Entwurf zufolge eine entsprechende Reichweite bzw. Komplexität des Geschäftsmodells angenommen, wenn eines der nachfolgenden Kriterien gegeben ist:

  • mindestens 1.000 Privatkunden
  • eine Zweigniederlassung in einem anderen EU-Staat
  • eine angezeigte grenzüberschreitende Dienstleistung in einem anderen EU-Staat
  • der Einsatz von Produkten, die nach der Zielmarktbestimmung für Kunden mit erweiterten Kenntnissen und/oder Erfahrungen vorgesehen sind.

Als Beispiele für solche Produkte nennt das Merkblatt zum Beispiel Discount-, Express- oder Bonus-Zertifikate, aber auch Total Return- und Absolute Return-Fonds

  • 50 vertraglich gebundene Vermittler
  • der Betrieb eines multilateralen oder organisierten Handelssystems

Insbesondere der Einsatz strukturierter Wertpapiere bzw. Investmentfonds soll zukünftig dazu führen, dass Allein-Geschäftsleiter einen zweiten Verantwortlichen bestellen müssen. Betroffen wären aber auch Boutiquen mit nur einem Geschäftsleiter, die den eigenen Fonds bei einer Luxemburger KVG als grenzüberschreitende Dienstleistung managen oder beraten.

Die BaFin-Konsultation läuft noch bis zum 18. März 2024. Wann die Regeln anschließend in Kraft treten, steht noch nicht fest. Für Institute, die bereits eine Erlaubnis nach § 15 WpIG besitzen, soll eine Übergangsfrist von einem Jahr gelten.

 

Autor: Axel Rohr, Vorstand der FIDUS Finanz AG
Der Beitrag erschien am 22. Januar 2024 bei Citywire Deutschland