„Wer rechtssichere Compliance vernachlässigt, gerät schnell ins Hintertreffen“
(Quelle: Fondstrends.lu) ESG, WpIG, Geldwäschebekämpfung – Vermögensverwalter und Anlageberater sehen sich mit zahlreichen aufsichtsrechtlichen Neuerungen konfrontiert. Alles halb so wild – oder steigt der bürokratische Aufwand ins Unerträgliche? FondsTrends befragte dazu FIDUS-Vorstand und RegCon-Geschäftsführer Axel Rohr. Der Bankmanager und Jurist hat sich auf die Compliance-Beratung von Finanzunternehmen spezialisiert und referiert hierzu auf dem diesjährigen Fondskongress Trier.
FondsTrends: Herr Rohr, nach unserem Eindruck hat sich Regulierungsdichte in den letzten Jahren massiv verstärkt…
Axel Rohr: Das kann man so sagen. Noch Mitte der 1990er-Jahre interessierte sich die Finanzaufsicht im Wesentlichen für Wertpapiergeschäfte von Mitarbeitern. Mit der Einführung von MiFID I und insbesondere MiFID II im Jahr 2018 geriet der Schutz der Kundinnen und Kunden ins Zentrum der Gesetzgebung.. Für aktuellen Anpassungsbedarf sorgen jetzt die geforderte Einhaltung der – teils noch nicht ausformulierten – ESG-Vorschriften und die Einführung des Wertpapier-Institutsgesetzes (WpIG). Den zuständigen Compliance-Beauftragten wird die Arbeit nicht ausgehen…
FondsTrends: Hat man wieder mal alles viel zu kompliziert gemacht?
Axel Rohr: Das kann man so pauschal nicht sagen. Zum Teil deuten sich sogar Erleichterungen an. Allerdings haben die Regulierungsbehörden noch nicht alle Details geklärt, sodass die Finanzunternehmen hier auf Sicht fahren müssen. Die Vermögensverwalter müssen aber auf jeden Fall ihre Verträge mit Kunden und Dienstleistern anpassen. Die meisten dieser Verträge nehmen Bezug auf das für Banken geltende Kreditwesengesetzes (KWG). Das KWG gilt aber nicht mehr für Vermögensverwalter, sie unterliegen fortan dem Wertpapier-Institutsgesetz (WpIG).
Fondstrends: Welche Regelungen sind denn schon spruchreif, worauf ist zu achten, um keine Rüge zu erhalten?
Axel Rohr: Betrachten wir zunächst das Thema Geldwäsche. Hier fielen die den Finanzsektor direkt betreffenden Anpassungen vergleichsweise marginal aus. Dennoch stehen die jeweiligen Geldwäschebeauftragten für deren Einhaltung gerade, ansonsten können Bußgelder verhängt werden. So werden sich Finanzunternehmen fortan in das beim Bundesanzeiger angesiedelten Transparenzregister eintragen müssen, um die wirtschaftlich Berechtigten ihrer Organisation offenzulegen, die in der Regel ja als Kapitalgesellschaft firmiert. Die Eintragung im Handelsregister alleine reicht hier nicht mehr aus. Als Erleichterung wiederum ist eine neue Bestimmung im WpIG zu sehen. Demnach dürfen Kunden einer Vermögensverwaltung bereits vor ihrer Identifizierung ein Anlagekonto eröffnen, sodass Wertpapiere erworben werden können. Abhebungen der einmal eingezahlten Beträge sind allerdings erst wieder möglich, wenn die Identifizierung der Kunden abgeschlossen ist.
Fondstrends: In den Blickpunkt ist die Beachtung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Geldanlage gerückt. ESG-konforme Investments finden beim Publikum großen Zuspruch. Auf der Anbieterseite entstehen aber umfassende Beratungs- und Dokumentationspflichten auferlegt. Wie sind diese zu erfüllen?
Axel Rohr: Leider stehen hier noch nicht alle Einzelheiten fest. Jeder Vermögensverwalter muss einerseits ermitteln und dokumentieren, welchen Stellenwert ein einzelner Kunde der Beachtung von Nachhaltigkeitskriterien beimisst. Sodann ist zu prüfen, ob die ausgewählten oder infrage kommenden Anlagevehikel auch zum Kundenprofil passen, Stichwort Geeignetheitsprüfung. Die Umsetzung dieser sicherlich aufwändigen Anpassungen erfordert allerdings Augenmaß. Es ist zu beobachten, wie die Europäische Union speziell die Nachhaltigkeits-Kriterien „S“ für „Social“ und „G“ für „Governance“ auslegen wird. Für die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen bei Kunden wiederum müssen die eigenen Formulare angepasst werden.
FondsTrends: In diesem Punkt nimmt die Regulierungsdichte also deutlich zu. Wo zeichnen sich denn Erleichterungen ab?
Axel Rohr: Möglicherweise im Bereich der Revision. Bislang unterlagen Vermögensverwalter ja der MA Risk, die Mindestanforderungen für das Risikomanagement gemäß KWG stellte. Finanzunternehmen mussten sich wie eine Bank, die Einlagen entgegennimmt und Kredite vergibt, von einem Revisor prüfen lassen, der dann auch noch einmal die Arbeit der Compliance-Abteilung und des Geldwäsche-Beauftragten in Augenschein nahm. Hier besteht nun zumindest die Aussicht, dass auf eine zusätzliche Revision zukünftig verzichtet werden kann. Eine Konkretisierung steht aber noch aus. Wir raten daher dazu, das bisherige Procedere beizubehalten, solange noch keine neue MA Risk gemäß WpIG vorliegt.
FondsTrends: Bahnen sich noch weitere Vereinfachungen an?
Axel Rohr: Grundsätzlich könnte der Wechsel vom KWG zum WpIG Positives bringen. Denn die BaFin wurde dank des WpIG in die Lage versetzt, nach und nach maßgeschneiderte Vorschriften zu erlassen, die auf sonstige Wertpapierinstitute zugeschnitten sind und eben nicht auf die Banken. Mehr Bürokratie bringt das WpIG unterdessen an anderer Stelle mit. Finanzinstitute müssen Auslagerungen zukünftig in einem Auslagerungsregister erfassen und wesentliche Auslagerungen anzeigen. Damit wird der Aufsichtsbehörde BaFin zum Beispiel bekanntgegeben, wenn ein externer Fondsberater engagiert wird.
FondsTrends: Welche Konsequenzen ergeben sich hieraus?
Axel Rohr: Zum einen entsteht ein höherer Verwaltungsaufwand, da Auslagerungen in einem mehrstufigen Verfahren gemeldet werden müssen. Ferner sind schwerwiegende Vorfälle in Zusammenhang mit einer Auslagerung meldepflichtig. Die Finanzaufsicht behält sich sogar vor, ggf. an eine Auslagerungsfirma heranzutreten und dieser Anordnungen zu erteilen. Damit dies überhaupt rechtlich möglich ist, müssen Vermögensverwalter ihre Verträge mit ihren Dienstleistern anpassen.
FondsTrends: Der Teufel steckt anscheinend im Detail. Sind die Vermögensverwalter auf den mit den neuen Regularien verbundenen Aufwand denn hinreichend vorbereitet?
Axel Rohr: Nach meiner Beobachtung nur zum Teil. Ungeliebte Compliance-Aufgaben verbleiben häufig bei der Geschäftsleitung, lenken vom Kerngeschäft ab und verursachen ungeliebten Aufwand. Wer hier Risiken erkennt, sollte sich beraten lassen. So ist es einerseits möglich, dass fachkundige Experten die im Unternehmen implementierte Compliance einem Check unterzieht und geeignete Mitarbeiter im Unternehmen fortbilden. Andererseits können Aufgaben der Compliance und Geldwäscheprävention teilweise oder ganz an externe Dienstleister vergeben werden. Wer hingegen die Zügel schleifen lässt und rechtssichere Compliance vernachlässigt, gerät schnell ins Hintertreffen und gefährdet letztendlich sein Unternehmen.